Otto Glaser - Deutsch

Zeitschriftenumschläge von Otto Glaser

von Eberhard Hölscher ( Gebrauchsgraphik 1954 )

Die Herausgeber und Redakteure jener periodisch erscheinenden Zeitschriften, die aus bestimmten und hier nicht näher zu erörternden Gründen ihre Umschläge ständig wechseln müssen, stehen in jedem Monat vor einem neuen Problem, das ihnen einiges Kopfzerbrechen verursacht. Es ist das für die Leser solcher Zeitschriften meist nicht erkennbare, aber doch recht schwierige Problem der Beschaffung gut gestalteter Umschlagentwürfe, die bei allem ständigen Wechsel im Thematischen und Formalen dennoch in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Grundausrichtung aufweisen müssen und dadurch möglichst unmissverständlich die spezielle fachliche Haltung und Tendenz einer Zeitschrift nach außen hin dokumentieren.

Auch in rein verlagstechnischer Hinsicht ist die richtige Wahl und Verwendung entsprechender Zeitschriftenumschläge insofern von eminenter Bedeutung, als sie starke optische Bildträger sind, deren vielfältige Reize einen entscheidenden kaufanregenden Einfluß auf die Leser ausüben. Man wird daher auch beobachten können, daß man in fast allen zivilisierten Ländern den Zeitschriftenumschlägen ganz besondere Bemühungen widmet, was etwa in Amerika heute selbst bei Hauszeitschriften schon der Fall ist. Ein besonders glücklicher Idealfall scheint uns nun bei der heute leider nicht mehr bestehenden Zeitschrift „Inspiré“ vorzuliegen. Wenn wir dennoch nachträglich eine kleine Auswahl ihrer Umschläge zeigen, so geschieht es, weil der Schweizer Maler und Graphiker Otto Glaser hier einen ganz eigenen Umschlagstil entwickelt hat, der durch die Frische, Lebendigkeit und geradezu virtuose Kühnheit seiner malerischen Formgebung überrascht und eine vorbildliche Leistung darstellt.

Otto Glaser – Grafiker, Illustrator, Maler, Modezeichner, Künstler – alles treffende Bezeichnungen, und keine erfasst ihn wirklich.

Er war alles und er war mehr. Seine mit raschem Pinsel hingeworfenen Bilder, insbesondere seine Modezeichnungen, lassen erkennen, über welch unvergleichliches Talent er verfügte. Welche Leichtigkeit bei gleichzeitig höchster Präzision er entwickelte Man hätte Mühe, in der Schweiz, ja in ganz Europa Vergleichbares zu nennen.

Man betrachte die für Salamander entworfenen Plakate. Die Schuhe sind nicht das dominierende Thema, sie treten kaum in Erscheinung. Die Aufmerksamkeit gilt ganz den Damen in lässiger Pose mit ihrer formellen Eleganz der fünfziger Jahre. Was fasziniert ist die vollkommene Unbeschwertheit, mit der die Zeichnungen entstanden sind; ohne zusätzliche Skizzen als Vorlage und spontan aufs Papier geworfen.
Wer war dieser Otto Glaser, der heute nur noch einer Handvoll Kennern bekannt ist? Geboren wurde er vor hundert Jahren 1915 in Basel. Als er acht Jahre alt war, wanderte die Familie nach Argentinien aus. Vier Jahre später kehrte er alleine zu seiner Grossmutter zurück. Mit 16 beginnt er eine Lithographenausbildung. Eine künstlerische Ausbildung ist ihm versagt.

Er bringt sich das Zeichnen selber bei, kopiert alte Meister und wählt Giotto zu seinem Vorbild.1935 tritt er in das Basler Grafikatelier von Fritz Bühler ein. Ein glühendes Brikett für eine Kohlenhandelsfirma beweist sein grosses Können. Das Plakat gehört mittlerweile zu den bekanntesten Werken der angesehenen Schweizer Plakatgrafik.

1943 macht er sich selbständig. Er heiratet Martha. Ein Jahr später kommt Urs Glaser als erstes von zwei Kindern zur Welt.

1950 erfolgt die Gründung des Kulturmagazins Inspiré. Glaser gestaltet das Layout und steuert die meisten Illustrationen und alle Titelbilder bei. Eine bemerkenswerte Leistung gemessen an der durchweg hervorragenden Qualität. Es sind jeweils Dutzende von Zeichnungen, und jede bringt das Thema genau auf den Punkt. Drei Jahre später wird das Erscheinen von Inspiré eingestellt.

1950 zieht er mit seiner Familie – ein Jahr zuvor wurde die Tochter Bettina geboren - ins sonnige Tessin nach Soragno bei Lugano. Er restauriert ein Haus und im neuangelegten Garten werden die verschiedensten Tiere – Esel, ein Affe, diverse Vögel und weiteres Getier – grossgezogen und gepflegt. Und Glaser legt stetig neue Trockenmauern an, denen sein grosser Ehrgeiz gilt. Ein kleines Paradies entsteht. Während 25 Jahren arbeitet er hier für grosse Werbeagenturen und viele eigene, prominente Kunden.

1969 wurde Glaser freier Mitarbeiter in der Werbeagentur seines Freundes Günther
Bläse in Stuttgart,1971 Mitglied einer Ateliergemeinschaft mit Dietmar Henneka, Hanspeter Kamm, Wolfgang F. Schiller und Martin Seibold, die zuvor ebenfalls bei Bläse gearbeitet hatten.

1975 beendet er seine Tätigkeit als Werbegrafiker und widmet seine letzten Jahre in seinem Traumhaus der Malerei und der Herstellung von Skulpturen. 1991 stirbt Otto Glaser im Alter von 76 Jahren in Lugano.

Von den hunderten von Vorlagen für die Inserate und Plakate ist kaum etwas erhalten. Die Originale hielt er nicht für wert, aufbewahrt zu werden. Sie waren für ihn Arbeitsmaterial.

Eine erste Ausstellung mit seinen künstlerischen Arbeiten findet nach seinem Tod 2001 in der Galerie Stasia Hutter in Basel statt. 2008 zeigt das Museum im Kleihues-Bau der Stadt Kornwestheim, das die grösste Sammlung seiner Plakate besitzt, eine Übersicht über sein grafisches Werk. Ein Buch zu seinen Arbeiten ist in Vorbereitung.

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